Campus Pasing – Mauern mit Geschichte
Das Gebäude Am Stadtpark 20 ist das Wahrzeichen des Campus Pasing.
Ursprünglich im Jahr 1910 als Lehrerbildungsanstalt erbaut und vielfach gefeiert, hat es eine wechselvolle Geschichte erlebt.
Zwei Weltkriege hat das Gebäude – anders als ein Großteil derjenigen, die hier ihre Ausbildung absolvierten – fast unversehrt überstanden. Diese Seite erzählt von den bildungspolitischen Ambitionen, den historischen Umbrüchen und den Menschen, die die Pasinger Institution in den Jahrzehnten vor dem Einzug der Fakultäten für Betriebswirtschaft (heute HM Business School) und Angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München geprägt haben.
Pasing
Pasing
Lange hatte Pasing danach gestrebt, 1905 war es endlich soweit - Pasing wurde offiziell zur Stadt erhoben:
„Im Namen seiner Majestät des Königs haben Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpolt, des Königreichs Verweser, mit Allerhöchster Entschließung vom 8. November laufenden Jahres Nr. 24558 sich Allerhöchst bewogen gefunden, auf das alleruntertänigste Gesuch der Landgemeinde Pasing, k. Bezirksamt München, allergnädigst zu genehmigen, daß diese vom 1. Januar 1905 an in der Klasse der mittelbaren Städte mit magistratischer Verfassung eingereiht werde.“
Schon vor der eigentlichen Stadterhebung hatten der starke Zuzug und die Errichtung repräsentativer Villenkolonien die Sozialstruktur Pasings erheblich verändert. Den neuen Bedürfnissen entsprechend hatte der Pasinger Magistrat ein großes Interesse an der bestmöglichen Ausstattung der jungen Stadt mit anspruchsvollen pädagogischen Einrichtungen für jede Altersstufe.
Neben einem vorbildlich ausgebauten Elementarschulwesen förderte man insbesondere das weiterführende Schulangebot: ein humanistisches Gymnasium, eine Realschule, das bereits seit 1862 bestehende Institut der Englischen Fräulein und ein 1907 gegründetes privates Mädchenlyceum (die spätere Grotschule) bedeuteten ein Bildungsangebot, das – bezogen auf die Einwohnerzahl – alle anderen Städte Bayerns übertraf.
1907
Als 1907 die Bayerische Staatsregierung einen Standort für eine zweite geplante oberbayerische Lehrerbildungsanstalt suchte, da die in Freising vorhandenen Kapazitäten nicht mehr ausreichten, ergriffen der Pasinger Magistrat und insbesondere der frisch gebackene Bürgermeister Dr. Alois Wunder die Chance mit beiden Händen. Man bot einiges auf, um die zahlreichen anderen Bewerber auszustechen: Neben offensichtlichen Standortvorteilen aufgrund der Nähe zu München punktete man mit viereinhalb Tagwerk kostenlosem Baugrund und einem Zuschuss zur baulichen Ausgestaltung von 50.000 Mark in bar.
Diesen Argumenten konnte sich die Regierung schwer verschließen und Pasing erhielt den Zuschlag. Das Gebäude der Lehrerbildungsanstalt wurde von dem angesehenen Architekten und späteren Professor Hermann Buchert entworfen, der damals noch Assessor im Landbauamt München war. Die Ausführung des prestigeträchtigen Bauvorhabens vertraute man der Pasinger Firma Saumweber & Stecher an, die bereits das Postgebäude, den Friedhof, das Institut der Englischen Fräulein und die Pfarrkirche Maria Schutz errichtet hatte. Tatsächlich wurde das Projekt in Rekordzeit fertig gestellt: Schon 1910 war die erste staatliche Einrichtung auf Pasinger Grund und Boden errichtet. Die zweite königlich-bayerische Lehrerbildungsanstalt war ein voller Erfolg und ließ die ältere Freisinger Anstalt in punkto Schülerzahlen und Renommee schon bald hinter sich. Erster Direktor wurde Dr. Augustin Stapfer (1860-1915), der unter anderem als Verfasser einer griechischen Schulgrammatik hervorgetreten war.
Eine Hochschule war die Lehrerbildungsanstalt allerdings nicht: Die hier in sechs Klassenstufen ausgebildeten späteren Volksschullehrer waren zwischen 14 und 20 Jahre alt, Zugangsvoraussetzung war der erfolgreiche Abschluss der 7. Volksschul-klasse. Trotzdem trugen die Absolventen viel dazu bei, Pasings guten Ruf als „Schulstadt“ zu begründen.
Für den Entwurf der neu zu errichtenden Lehrerbildungsanstalt wurde kein Unbekannter gewählt. Hermann Anton Karl Buchert (1876 - 1955) war ein renommierter deutscher Architekt, Baubeamter und Hochschullehrer. Buchert wurde als Sohn des königlichen Bezirksamtsassessors Karl Buchert und seiner Frau Elisa Michel in Wegscheid geboren. Er studierte Architektur und schlug anschließend die Beamtenlaufbahn ein. Als Regierungsbaumeister (Assessor im öffentlichen Bauwesen) arbeitete er als Assistent an der Technischen Hochschule München und wurde dann 1908 als Bauamtsassessor an das staatliche Landbauamt München versetzt. 1914 folgte die Berufung zum ordentlichen Professor für landwirtschaftliches Bauwesen an die Technische Hochschule München. 1919 schloss sich Buchert einem Architektenrat an und wurde im Sommer
1919 zum Abteilungsvorstand der Architektur-Abteilung der Technischen Hochschule München gewählt. 1925 wurde er zum Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste ernannt. 1929 erhielt er vom Freistaat Bayern den Ehrentitel Geheimer Baurat. Buchert gilt als Vertreter eines historisierenden Baustils. Etliche von ihm entworfene Bauten sind noch heute in Gebrauch, darunter die frühere Zentralimpfanstalt am Münchner Mariahilfplatz, die heute als Polizeiinspektion dient, das Felsenbad Pottenstein (Oberfranken) und das Wasserkraftwerk in Töging am Inn. All diese Gebäude stehen unter Denkmalschutz.
Unter der Überschrift „Die neue Lehrerbildungsanstalt in Pasing“ berichtete der Würmtalbote am 3. November 1910 ebenso ausführlich wie euphorisch über das neue Gebäude:
„Schon von weitem fällt der imposante Bau mit seiner weißen Fassade, seinem hohen, mit einem Türmchen geschmückten Steildach auf. Er ist in modern bürgerlichem Baustil gehalten und besteht aus einem Mitteltrakt mit den Amtsräumen, den Direktor- und Präfektensälen, dem Speisesaal usw., ferner dem Trakt mit den Schulsälen und dem Internatsflügel. […] Der Grundriß des Ganzen ist unregelmäßig; die großen Gebäudemassen sind vorzüglich gegliedert; man hat nirgends den Eindruck des Schweren und Allzuwuchtigen. […] Der Bau bietet von allen Seiten eine Silhouette. […] Auch im Innern ist die neue Anstalt in jeder Hinsicht eine Musteranlage. Die neuesten technischen Errungenschaften sind überall in Anwendung gekommen, alles ist bis in das kleinste Detail durchdacht. Dabei ist auch die Innenausstattung durchaus geschmackvoll und gediegen.“
Da viele der sog. „Präparanden“ von außerhalb kamen und auf eine Wohngelegenheit angewiesen waren, wurde 1916 ein Internat im Dachgeschoss eingerichtet, das auf sehr beengtem Raum etwa 40 Zöglinge beherbergte.
Schon relativ bald nach der Gründung sah sich die Lehrerbildungsanstalt mit einem herben Schlag konfrontiert. Ihr erster Direktor, der engagierte, angesehene und menschlich geschätzte Pädagoge Dr. Augustin Stapfer, verstarb bereits im fünften Jahr seiner Amtszeit:
„Am 15. Mai 1915 erlitt die K. Lehrerbildungsanstalt einen schweren Verlust. In einem Alter von nur 55 Jahren erlag ihr erster Direktor, Herr Dr. Augustin Stapfer, einer Gehirnlähmung. Daß der Tod so schnell an ihn herangetreten, möchte überraschend erscheinen. Doch dem, der dem Verstorbenen näher stand, konnte nicht verborgen bleiben, daß der so kraftvoll wollenden Seele der siech werdende Körper immer mehr und mehr den Dienst versagte. Mit innigem Bedauern mußten das jene bestätigen, die seit Eröffnung der Anstalt unter ihm arbeiteten. Es sei nur daran erinnert, welche Schwierigkeiten im Anfang zu überwinden waren. Außen und innen noch unvollendet stand der große Bau da und doch sollte der Unterricht regelrecht begonnen und abgehalten werden. Mit erstaunlicher Energie und anerkanntem Organisationstalente hat Herr Dr. Stapfer alle Schwierigkeiten überwunden.“
1914
Eine wesentlich härtere Zäsur in der noch jungen Geschichte der Lehrerbildungsanstalt war allerdings der erste Weltkrieg. Der Jahresbericht 1914/15 zeugt von den drastischen Veränderungen ebenso wie von der anfänglichen Euphorie, die der Krieg auslöste.
„Nach Kriegsbeginn mehrte sich von Tag zu Tag die Zahl der Schüler, die freiwillig zuden Waffen eilte, mit Ungestüm die Aufnahme im Heere durchzusetzen suchte, so daß es schien, als ob die oberen Klassen überhaupt verwaisen sollten. Wenn auch eine große Zahl davon Pflicht und Begeisterung ins Feld führte, so hatte doch der Einfluß des elterlichen Hauses manchen zurückgehalten, so daß die 6. Klasse eröffnet werden konnte und in den 5. und 4. Klassen der Abgang nicht allzu stark ausfiel. […] Zwischen Schule und Feld entstand bald eine innige Verbindung. Die Gründung einer Kriegsklasse, die Herr Direktor Dr. Stapfer vornahm, ermöglichte es Liebesgaben in großer Zahl für Lehrer und Schüler an die Front zu schicken. Besonders rege beteiligten sich dabei die Schülerinnen der Seminarschule, aus deren kleinen geschickten Händen in lobenswertem Wetteifer alle möglichen nützlichen Gegenstände hervorgingen, mit denen sie unsere Lieben im Felde erfreuen.“
Jahresbericht der Lehrerbildungsanstalt 1914/15
Auch auf den Lehrplan wirkte sich der Krieg aus. Einige Fächer – explizit erwähnt ist Französisch – wurden gestrichen, kriegsgeschuldete Inhalte kamen neu hinzu:
„Die übermenschlichen Leistungen unserer Braven an der Front drängten zur heiligen Pflicht für die Daheimgebliebenen, nicht zurückzustehen, sondern durch höchste Anspannung der Kräfte das Beste zu erringen. Strenger Gehorsam, sittliche Reinheit, Gottvertrauen, unbegrenzte Liebe zu Heimat und Vaterland müßten der Schmuck eines jeden deutschen Jünglings sein. Wo sich Gelegenheit bot, standen die großen Ereignisse im Mittelpunkt des Unterrichtes. Die Aufgaben im Deutschen zogen sie in den Kreis der Bearbeitung, was Kriegslyrik an Schönem brachte fand Beachtung und patriotische und Soldatenlieder fanden ausgiebigste Pflege. Briefe von Mitschülern, von Verwandten und Bekannten mit interessanten Schilderungen aus dem Kriegsleben kamen zur Verlesung, Bildwerke und Gegenstände vom Feld zur Ausstellung; Karten und Modelle, zum Teil von Schülern verfertigt, unterrichteten über den augenblicklichen Stand der Operationen unserer Armeen. Die Entwicklungsgeschichte der einzelnen beim Krieg beteiligten Staaten, Völkerverträge, soziale und wirtschaftliche Fragen, technische Errungenschaften, Organisationsunternehmungen auf dem Gebiete der Finanzen, der Völkerernährung: kurz alles, was die Zeit Großes für unser Volk brachte, wurde von der Schule mit erlebt.“
Die Realität holte die Lehrerbildungsanstalt genauso ein wie den Rest des Landes. Von den jungen Männern, die dort ihre Ausbildung absolvierten oder absolviert hatten, kehrte mehr als die Hälfte nicht mehr von der Front zurück. Die meisten von ihnen waren in Frankreich gefallen. Aus den Jahresberichten lässt sich deutlich ablesen, wie sich auch die Situation für die Daheimgebliebenen von Jahr zu Jahr verschlechterte.
„Auch im heurigen Jahre beteiligte sich die Lehrerbildungsanstalt an der praktischen Kriegsfürsorge. Zu Weihnachten sandten wir 45 im Feld stehenden gegenwärtigen und ehemaligen Zöglingen je ein Liebespaket ins Feld. Mehrere Schüler wirkten bei 3 Wohltätigkeitskonzerten des Orchestervereins Pasing mit, deren Gesamtertrag der Kriegsfürsorge zugewendet wurde. Für die Kriegsinvalidenfürsorge und für die Hinterbliebenen der gefallenen Krieger spendeten Lehrer und Schüler je 60 Mk. Die Goldsammlung für die Reichsbank ergab 3380 Mk. Auch die Sammlung von Altpapier und die Gaben zur Reichsbuchwoche führten zu zufriedenstellenden Ergebnissen. Zur vierten Kriegsanleihe zeichneten Seminaristen und Übungsschüler 26000 Mk. Unter der Leitung des Seminaroberlehrers Herrn Schott wurde von mehreren Schülern am 8. Juli eine kleine musikalische Unterhaltung für die im Vereinslazarett Pasing untergebrachten verwundeten Krieger veranstaltet.“
Jahresbericht 1915/16
„Der Unterricht konnte bei Beginn des Schuljahres wegen der großen Lücken im Lehrkörper nur mit Mühe aufrecht erhalten werden. Von Mitte Oktober ab nahm er jedoch den in der Lehrordnung vorgeschriebenen Verlauf. Eine neue Störung brachte die große Kälte und die damit verbundene allgemeine Kohlenknappheit im Februar. Auf Anordnung des K. Kultusministeriums mußte am 2. Februar der Unterricht bis auf weiteres ausgesetzt und das Internat geschlossen werden. Am 22. Februar wurde er für die in München wohnenden Schüler wieder aufgenommen, vorerst allerdings nur abteilungsweise, da der geringe Vorrat an Koks immer nur zur Heizung von 3-5 Lehrzimmern ausreichte. Um die ausgefallene Unterrichtszeit teilweise einzubringen wurden auf ministerielle Anordnung die Osterferien um 5 Tage gekürzt.“
Jahresbericht 1916/17
„Der große Weltkrieg ist zu Ende. Der unglückliche Ausgang bürdet dem deutschen Volke schwere Opfer auf.Leider haben wir auch im letzten Kriegsjahr den Verlust blühender Menschenleben zu beklagen. Auf dem Felde der Ehre sind gefallen die Schüler Lindemann, Friedrich, Huber, Joseph, Neuhäuser, Otto, Straßmair, Thomas, Magg, Johann und Braun, Wilibald.Den Tapferen ist die Ehrentafel gewidmet, die dem Jahrebericht vorangestellt ist.In der Nacht vom 7. auf den 8. November wurde in Bayern der Freistaat ausgerufen. In der neuen freistaatlichen Regierung übernahm der Landtagsabgeordnete Herr Johannes Hoffmann die Leitung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.“
Jahresbericht 1918/19
Noch heute erinnert die genannte Gedenktafel an die insgesamt 112 Gefallenen aus den Reihen der Lehrerbildungsanstalt, die 2005 mit einem kritischen Kommentar zu der aus heutiger Sicht nicht mehr zu rechtfertigenden Beschönigung und Verklärung der vielen Toten versehen wurde.
Als kleines Kuriosum kann die hohe Zahl spanischer Schüler gelten, die während des ersten Weltkrieges in der Lehrerbildungsanstalt ausgebildet wurden. Hintergrund war eine Inititiative der Prinzessin Maria de la Paz, Infantin von Spanien, die seit 1883 mit Prinz Ludwig Ferdinand verheiratet war. Als Sohn von Adalbert von Bayern und Amalia de Borbón hatte auch dieser spanische Vorfahren. Maria de la Paz gründete als Bildungs- und Freundschaftsprojekt zwischen Spanien und Bayern im Jahr 1913 das Pedagogium Español e.V. Der Zweck des Vereins war die Förderung begabter, aber materiell schlecht gestellter Kinder. Sie sollten in München zunächst die Volksschule und die Pasinger Lehrerbildungsanstalt besuchen um dann als ausgebildete Lehrer nach Spanien zurückzukehren und dort als Vermittler deutscher Kultur zu fungieren. Untergebracht waren die Knaben in der Sendlinger Seifertvilla. Zwar überlebte die Bildungsinitiative des Hauses Wittelsbach den ersten Weltkrieg, hatte aber – vor allem wegen des anstößigen Lebenswandels des Heimleiters – eine sehr schlechte Presse. Dies führte zu dessen Entlassung und im Frühjahr 1918 übernahm von Max Junkert von der Lehrerbildungsanstalt das Heim, allerdings nur für kurze Zeit: Die Abschaffung der Monarchie im November 1918 besiegelte auch das Ende des spanisch-deutschen Bildungsaustauschs.
1933
Die Nationalsozialisten übernehmen das Ruder
1933 nahmen alle bildungspolitischen Diskussionen der Weimarer Republik mit der Machtübernahme durch die Nazis ein jähes Ende. Zu den eiligst erlassenen Gesetzen gehörte auch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, das bereits am 7. April desselben Jahres in Kraft trat. Juden und politische Gegner wurden vom Beamtenstand ausgeschlossen, was auch Teile des Lehrpersonals der Lehrerbildungsanstalt mit voller Wucht traf. Studienrat und SPD-Stadtrat Adolf Lichtinger wurde 1933 aus dem Staatsdienst entlassen. Josef Vogtmann, ebenfalls überzeugter Sozialdemokrat, wurde 1934 seines Amtes enthoben.Auch die Aufnahmebedingungen für die Ausbildung dienten nun vor allem der Rassenideologie und der Gleichschaltung des Denkens:
„Bei der Aufnahme werden in erster Linie Bewerber und Bewerberinnen berücksichtigt, die der nationalsozialistischen Bewegung angehören. Der Nachwuchs des deutschen Lehrerstandes soll sich vor allem aus Studenten ergänzen, die sich schon während ihrer Schulzeit bei der HJ bewährt haben. Den Aufnahmegesuchen ist beizufügen:
- ein amtlicher Ausweis über die deutsche Reichsangehörigkeit
- Angaben über die arische Abstammung (durch eigene Geburtsurkunde und Heiratsurkunde der Eltern zu belegen)
- einen Nachweis über den abgeleisteten Arbeitsdienst, bzw. den studentischen Ausgleichsdienst
- gegebenenfalls Nachweise über den Dienst und die Bewährung in den einzelnen Gliederungen der Partei.“
Die Machtergreifung wird begrüßt
Wie der von Dr. Georg Rummel verfasste Jahresbericht 1933 für das Schuljahr 1932/33 belegt, war man an der Lehrerbildungsanstalt – zumindest mehrheitlich – durchaus angetan von den neuen Machtverhältnissen:
„Die vom kommissarischen Staatsminister für Unterricht und Kultus angeordnete vaterländische Schulfeier zur Eröffnung des neuen Reichstages am 21. März 1933 wurde an diesem Tag vormittags 8½ Uhr begangen. Das Schulgebäude, der Festsaal und das Rednerpult waren mit den Fahnen und Farben Schwarz-Weiß-Rot, der Hakenkreuzfahne und Weiß-Blau geschmückt. Den Festsaal belebten grüne Blattpflanzen. Sämtliche Lehrer und Schüler der Anstalt nahmen an der Feier teil. Der Festgesang „Flamme empor“ von R. Trunk, gesungen vom Schülerchor unter Leitung des Studienleiters Angerer, leitete die Feier stimmungsvoll ein, worauf das Schülerorchester unter Leitung von Studienprofessor Merkl den ersten Satz der 8. Symphonie von Beethoven wirkungsvoll vortrug. Hierauf folgte die Festrede des Anstaltsvorstandes, der nach kurzer geschichtlicher Entwicklung der früheren Verhältnisse die Bedeutung des heutigen Tages würdigte und zur tatkräftigen Mitarbeit am Wiederaufbau des Reiches unter der neuen nationalen Regierung aufforderte. Das gemeinsam gesungene Deutschlandlied brachte die Stimmung aller Anwesenden sichtbar zum Ausdruck. Nach einem von einem Lehrer der Anstalt spontan ausgesprochenen Heil auf den Herrn Reichskanzler Adolf Hitler wurde das Horst-Wessel-Lied gesungen, worauf die stimmungsvolle Feier mit einem begeistert aufgenommenen Hurra auf den Hrn. Reichspräsidenten von Hindenburg geschlossen wurde.
Am Abend des gleichen Tages beteiligte sich die ganze Anstalt an dem von der Stadt Pasing durchgeführten Fackelzug, wobei die an der Schule sich bildende Gruppe der Hitlerjugend zum erstenmal in Erscheinung trat.“
Umbenennung in Hans-Schemm-Hochschule für Lehrerbildung
Als Reichserziehungsminister sorgte Bernhard Rust ab 1934 dafür, dass die Lehrerbildung außerhalb Preußens erstmals reichseinheitlich in Hochschulen für Lehrerbildung stattzufinden hatte. Die meisten Lehrerbildungsanstalten wurden in sog. Aufbauschulen umgewandelt, gleichzeitig richtete man 1935 in Bayreuth, Würzburg und Pasing drei auf der allgemeinen Hochschulreife aufbauende Hochschulen für Lehrerbildung ein. Die Dozenten waren in der Regel promovierte Lehrer, die mit Professorentitel berufen wurden. Der Standort Pasing wurde im Zuge der Neuaufstellung nach dem 1935 tödlich verunglückten Bayerischen Kultusminister in „Hans-Schemm-Hochschule für Lehrerbildung“ umbenannt. Gründer und Leiter der neuen Hochschule war – allerdings nur für ein Jahr – Dr. Edmund Abb, der zuvor seit 1919 die Lehrerbildungsanstalt in Würzburg geleitet hatte. Ihm folgte ab 1936 Richard Suchenwirth als Direktor.
Welche Bedeutung den neuen Hochschulen für Lehrerbildung beigemessen wurde, lässt sich an der Gästeliste der Eröffnung am 8. Mai 1935 ablesen: Anwesend waren unter anderem der Reichserziehungsminister Bernhard Rust, der Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp und der Bayerische Ministerpräsident Siebert. Auch der Bericht des Würmtalboten offenbart den ideologischen Auftrag, den diese zu erfüllen hatten:
„Aus der Lehrerbildungsanstalt ist ein Umformer des deutschen Recken im nationalsozialistischen Geiste geworden, aus dem Seminar eine Siegfried-Schmiede.“
Bauliche Erweiterung
Angesichts der steigenden Zahl an Studenten und Studentinnen wurde schon bald eine Erweiterung der Hochschule in Form eines Flügelanbaus in Angriff genommen, der Ende 1936 feierlich seiner Bestimmung übergeben wurde. Der Würmtalbote berichtete ausführlich über die Vorzüge der neuen Räume:
„Der im Neubau untergebrachte große Hörsaal bietet 371 Sitzplätze und ist vor allem für Vorlesungen vor der gesamten Studentenschaft, für Kundgebungen und dergleichen gedacht. Zweckentsprechend wurde er mit einer Verdunkelungseinrichtung versehen, daß Lichtbild- und Filmvorträge gehalten werden können. Der zuerst als Lehrbeispielsaal gedachte Hörsaal im Erdgeschoß ist mit 271 Plätzen ausgerüstet, und da er für den naturwissenschaftlichen Unterricht verfügbar gemacht wurde, hat man den Hörsaal mit allen technischen Hilfsmitteln versehen, die die Voraussetzung für eine lebendige und abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung bieten. Um die Ausstattung des Hörsaales und der übrigen für naturwissenschaftlichen Unterricht vorgesehenen Räume hat sich besonders der Stellvertreter des Direktors, Prof. Dr. Holoubeck, verdient gemacht. Die Säle für den chemischen und physikalischen Unterricht sind vorzüglich eingerichtet und geben jedem Studierenden im weitestgehenden Maße die Möglichkeit, sich durch Versuche den Unterricht in den Naturwissenschaften zu ergänzen und zu erweitern.[…]
Auch die im alten Gebäude untergebrachten Lehrsäle und Professorenräume wurden im Rahmen der beim Erweiterungsbau geleisteten umfangreichen Arbeiten einer allgemeinen Verbesserung und Anpassung an den Hochschulbetrieb unterzogen.“
Allerdings wurden nicht alle hochfliegenden Pläne verwirklicht, Richard Suchenwirth schreibt in seiner Rückschau auf die sechs Jahre seines Direktorats an der Hans-Schemm-Hochschule:
„Wir sahen noch lange die Maurer im Haus und an sich ist der Bau niemals fertig geworden; denn, obwohl bereits bewilligt, kam durch den Ausbruch des Krieges eine leistungsfähige Turnhalle mit einem Festsaal darüber niemals zur Errichtung. Die Hochschule war damit ein baulicher Torso geblieben. Wir hatten nie eine auch nur halbwegs entsprechende Turnhalle, besaßen nie die so sehr herbei gewünschte Möglichkeit, alle Studierenden der Hochschule in einem würdigen Raume zu Fest und Feier, zur Gesamtveranstaltung zusammenzubringen.“
(Hoch-)Schulalltag in der NS-Zeit
Am 8. März 1936 gab Reichserziehungsminister Rust „Richtlinien für die Tätigkeit und das Studium an den HfL“ heraus, mit denen die Erziehung im Nationalsozialismus durch eine entsprechende Ausrichtung und Reglementierung der Lehrerbildung auf eine einheitliche Grundlage gestellt werden sollten. Zur wissenschaftlichen und unterrichtspraktischen Ausbildung gehörten nun Erziehungswissenschaft, Charakter- und Jugendkunde, Vererbungs- und Rassenlehre, Volkskunde, sowie die Allgemeine und Besondere Unterrichtslehre. Auf die sog. Deutschkunde, eine ursprünglich vom Deutschen Germanistenverband getragene Reformbewegung, die teilweise im Nationalsozialismus aufging, wurde besonders viel Gewicht gelegt. In den Ferien waren Landschul- und Fabrikpraktika abzuleisten.
Die Studierenden nahmen regelmäßig an Fahnenappellen, Kameradschaftsabenden, Übungen zur Körperertüchtigung und an Gedenkfeiern teil. Viele waren Mitglieder in den nationalsozialistischen Jugendorganisationen: Die Schulnachrichten der Hans-Schemm-Hochschule des Jahres 1936 geben 222 Jungen in der Hitlerjugend und 185 Mädchen im BDM an. Zudem verfügte die Hochschule mit eigenen Gruppen des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) über eigene studentische Strukturen. Deren Entstehung und Wirken beschreibt Studentenführer Gotthard Teutsch in seinem Rückblick 1942 so:
„Frei und nur in deutschem Geist organisch gebunden, mit dem Herzen und für immer der Sache des Vaterlandes verhaftet, ist hier eine Generation erwachsen, die nach der Erfüllung studentischer Hochziele strebte. […]
Mühsam und schwer war der Anfang. Alles mußte erst aufgebaut werden, bis im Jahre 1937 unter der Führung Sepp Millers die sieben Kameradschaften des NSDStB. begründet werden konnten. In breiter Front prangten nun die Namensschilder der einzelnen Kameradschaften am großen schwarzen Brett: „Hans Schemm“, „Ritter von Steiner“, „Innerhofer“, „Mauth“, „Franz Holzweber“, „Martin Faust“ und Gemeinschaft „Pohl“. – Heißes und ehrliches Streben beseelte die Kameraden, die aufgeschlossen für alles Gute, Schöne und Edle, mit glühendem Herzen an die Arbeit gingen.“
Auch für das Äquivalent für die weiblichen Studierenden, die Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen (ANSt) findet Teutsch lobende Worte:
„Auch die Kameradinnen von der ANSt. sind in der Aufbauarbeit nicht zurückgeblieben. Immer schöner entwickelte sich dort das Gemeinschaftsleben der Gruppen, die auf ihre Weise denselben Idealen dienten.“
Zu Beginn war die Hochschule für Lehrerbildung ausschließlich Männern vorbehalten, was sich im Laufe der Jahre ihre Bestehens bis zu einer Umkehrung des Geschlechterverhältnisses änderte:
„In den Jahren bis Wintersemester 1936/37 gehörten der Hochschule im Studium für das Volksschullehreramt nur männliche Studierende an. Ein Semester später waren die ersten Hörerinnen erschienen. In der Folge nahm der Anteil der weiblichen Studierenden an der Gesamtzahl der Immatrikulierten immer mehr zu, um natürlicherweise mit dem Beginn des Krieges bei weitem zu überwiegen.“
Verschiedene Belege lassen darauf schließen, dass sich die Organisation sehr um die weiblichen Studierenden der Hochschule für Lehrerbildung bemühte. 1940 existierten im Gau München-Oberbayern ganze 41 ANSt-Gruppen. Einem Bericht der Abteilung Frauen- und Mädelsarbeit des Rassenpolitischen Amtes bei der Gauleitung München-Oberbayern vom Mai 1940 zufolge wurde mit der ANSt eine Vereinbarung über die verpflichtende rassenpolitische Schulung jüngerer Semester getroffen. Diese Schulungen fanden auch an der Hans-Schemm-Hochschule statt und erfassten alle 400 weiblichen Studierenden.
Außerdem gelang es der Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen, sich durch den persönlichen Einsatz der Gau-Referentin bei Direktor Dr. Suchenwirth eigene Räumlichkeiten zu sichern. Er gestattete bis auf Widerruf die Nutzung einer leerstehenden Wohnung im 3. Stock, die mit einem Zuschuss von der Gauleitung der NSDAP in Höhe von 1.000 Mark mit Malerarbeiten, Gardinen und Tischdecken wohnlicher gemacht wurde. Tische und Stühle für die Treffen stellte das Studentenwerk zur Verfügung.
1939
Schon vor der Umwandlung in eine Hochschule für Lehrerbildung war den Nationalsozialisten die übliche konfessionelle Bindung der Lehrerbildungsanstalten ein Dorn im Auge gewesen. Trotz aller Bemühungen, dies zu unterbinden, hatte die katholische Kirche in der Hochschule für Lehrerbildung immer noch starken Einfluss. Unter anderem die Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen (ANSt) versuchte, diesen einzudämmen. So beklagte die Gau-Referentin der ANSt, Ruth Bergholtz:
„Besonders die actia catholica hat hier ein fruchtbares Betätigungsfeld. So wohnen in Pasing ein großer Teil der Mädels im Institut der englischen Fräulein (katholisch), schon deswegen, da in Pasing ein großer Zimmermangel herrscht und die Studentinnen im katholischen Heim viel billiger wohnen können. So wäre in Pasing die erste Voraussetzung für eine nationalsozialistische Erziehungsarbeit die Schaffung eines nationalsozialistischen Studentinnenheims.“
Besonders hervorgetan hat sich in diesem Punkt offenbar der Dozent für Religionslehre Alois Kober, zu dem ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 1. Dezember 1949 ausführt:
„Der ehemalige Dozent Alois Kober gegen den z.Zt. beim Kassationshof ein Wiederaufnahmeverfahren läuft, war wohl die übelste Erscheinung, die unter dem Protektorat Dr. Suchenwirths gewirkt hat. In zahlreichen Hetzvorlesungen für die Studenten konnte er sich vor allem nicht genug gegen das Papsttum auslassen, um so die christliche Erziehung der Junglehrer an der Wurzel ihres Glaubens zu erschüttern. Daß Kober gerade an einer Lehrerhochschule lehrte, war geschickt durch das Nazi-Regime eingefädelt worden, weil die Abfärbung seiner ketzerischen Dogmen weite Kreise ziehen mußte, wenn die infiszierten Junglehrer dem Schuldienst überstellt wurden.“
Andererseits hat sich der sonst unstreitig linientreue Nationalsozialist Direktor Suchenwirth diesem Teil der Agenda offenbar persönlich verweigert. Die Urteilsbegründung der Spruchkammer München vom 14. September 1954, die über seine ursprüngliche Einstufung als Belasteter Stufe II nach dem Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung in Bayern zu entscheiden hatte, kommt u.a. wegen des folgenden mildernden Umstands zu dem Ergebnis, dass er richtigerweise der Gruppe III der Minderbelasteten zuzuordnen sei:
„Es wurde darüber hinaus festgestellt, dass der Betroffene den von ihm geforderten Kirchenaustritt verweigert habe, was mit Rücksicht auf seine Stellung in der Partei und im Lehrwesen als Demonstration anerkannt werden muss, die einen nicht geringen Eindruck auf seine Umgebung gemacht haben dürfte.“
Schon 1939 erfolgte eine Kehrtwende in der Lehrerbildung. Statt des Abiturs führte nun ein vierjähriger Aufbaulehrgang „Volksschulabsolventen“ an die Hochschulen für Lehrerbildung. 1940 wurde die Studienzeit von vier auf drei Semester verkürzt und 1941 wurde praktisch die komplette Reform der Lehrerbildung wieder zurückgenommen. Die Hochschulen für Lehrerbildung wurden mit den Aufbaulehrgängen zu fünfklassigen Lehrerbildungsanstalten zusammengelegt, womit die Lehrerbildung de facto wieder auf dem Niveau von 1912 angekommen war.
Auch in anderer Hinsicht forderte der Krieg seinen Tribut. Bereits 1942 wurden nach einem Luftangriff Obdachlose in der Pasinger Lehrerbildungsanstalt untergebracht. Später diente das Gebäude als Ausweichkrankenhaus und ab Januar 1943 wurden dem Luftgaukommando Räume für die Luftwarnwache übereignet. Kurt Singer (1885 – 2009), ein angesehener deutscher Pädagoge, der auch an der Pädagogischen Hochschule Pasing lehrte, erinnert sich so an die Endphase seiner Studienzeit 1944/45:
„In dieser Zeit war es ziemlich unruhig. Es waren viele Bombenangriffe und wir mussten mehr, wie es hieß, im Einsatz sein als dass wir lernen konnten. Wir haben dann in dieser Phase irrsinnigerweise auch noch eine vormilitärische Ausbildung bekommen. […] So mussten wir zum Beispiel regelmäßig in die Schießstätte gehen und dort das Schießen lernen.“
Dennoch wurde der Unterrichtsbetrieb für die fast 600 Studierenden bis zuletzt aufrechterhalten:
„Unser Unterricht lief eigentlich erstaunlich unberührt weiter, einfach so, als ob nichts wäre. […] Die Lehrer wurden zunehmend stumm, wobei immer noch einige an den Führer glaubten und meinten, es gäbe irgendwo noch ‘ne Wunderwaffe. Wir hatten keine Unterstützung von den Erziehern und Lehrern, sondern die ersten riskierten einfach davonzulaufen und waren plötzlich nicht mehr da.“
Dieses eiserne Festhalten an der nationalsozialistischen Ideologie trotz der de facto aussichtlosen Lage dokumentiert ein Rundbrief an Ehemalige vom Juni 1944:
„Soweit die Kameraden. Nun will ich Euch noch über die Terrorangriffe der letzten Woche – 4 an der Zahl – auf unser liebes München sagen, dass die Infamie alles in den Schatten stellte, was bisher war. Ich erlebte sie aus eigener Anschauung. Meine Eltern hat es total erwischt. Unsere alte LBA steht noch. Unser Klassenzimmer an der Frühlingsstr. ist erledigt. Und wenn Ihr nach manchem vertrauten Haus oder Gebäude sucht, es war einmal, so heißt es, wie im Märchen. Die Stadt ist in den letzten Wochen zur bitterernsten Front geworden. Dass Ihrs den Gangstern, wo Ihr sie trefft teuer heimzahlt, davon sind wir in der Heimat überzeugt.“
Hans Schemm, Namensgeber der Hans-Schemm-Hochschule für Lehrerbildung, wurde 1891 in Bayreuth als Sohn eines Schusters geboren. Von 1905 bis 1910 besuchte Hans Schemm die Präparandenschule, das Lehrerseminar an der Lehrerbildungsanstalt Bayreuth. Ab 1910 unterrichtete er als Lehrer zunächst in verschiedenen fränkischen Orten und trat schon früh mit faschistischen Aktivitäten in Erscheinung. Unter anderem gehörte er dem „Freikorps Bayreuth“ an, das – allerdings nach seinem Ausscheiden – an der gewaltsamen Niederschlagung der Münchener Räterepublik beteiligt war.
Schemms nationalsozialistische Karriere begann 1923 mit dem Eintritt in die NSDAP. 1924 wurde er Beisitzer im Völkischen Bund Bayreuth, gründete 1925 die NSDAP-Ortsgruppe Bayreuth und im gleichen Jahr den Gau Oberfranken der NSDAP. Seine politischen Positionen waren klar antidemokratisch und antisemitisch. Von ihm stammt das Zitat, dass „an jedem Laternenpfahl ein Jude baumeln solle“. 1928 wurde Hans Schemm Mitglied des Bayerischen Landtags und daneben Leiter des Bezirks Franken der „Nationalsozialistischen Gesellschaft für deutsche Kultur“. 1929 gründete er den Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB), dem er als Reichswalter vorstand. 1932 schied er aus dem Landtag aus. 1930 wurde Schemm Mitglied des Reichstags und blieb es bis zu seinem Tod. Schemm war „kulturpolitisch“ sehr umtriebig, er gründete mehrere nationalsozialistische Zeitungen und den Nationalsozialistischen Kulturverlag Bayreuth.
Am 16. März 1933 ernannte Reichstatthalter Franz Ritter von Epp Hans Schemm zum kommissarischen Kultusminister Bayerns (Kabinett von Epp). Hitler berief ihn dann am 13. April 1933 zum „Leiter der kulturellen und erzieherischen Angelegenheiten Bayerns“. Auch unter der Regierung von Ludwig Siebert (Kabinett Siebert) blieb Schemm bis zu seinem Unfalltod durch einen Flugzeugabsturz bayerischer Kultusminister. Hans Schemm hatte sich in NS-Kreisen außerordentlicher Beliebtheit erfreut. Nach seinem Tod setzte ein Verklärungsprozess ein, zu dem auch die Benennung zahlreicher Bildungseinrichtungen nach ihm gehörte.
Richard Suchenwirth (eigentlich Richard Suchanek) war ein promovierter Philologe und Gymnasialprofessor aus Österreich. Seine nationalsozialistische Karriere begann bereits während der Anfänge der „Bewegung“ und war von Beginn an bildungspolitisch geprägt. Als Mitbegründer der österreichischen NSDAP agitierte er besonders in der österreichischen Lehrerschaft für die Partei und hatte zeitweise das Amt des Fraktionsführers der Nationalsozialisten im Stadtschulrat für Wien inne. 1932 zog er als Abgeordneter der NSDAP in den Wiener Gemeinderat und den Wiener Landtag ein.
Nach seiner Verhaftung im Dezember 1933 gelang ihm im Juni 1934 die Flucht nach Deutschland. Goebbels berief ihn zunächst als Geschäftsführer in die Reichsschrifttumskammer und später in den Reichskultursenat. Richard Suchenwirth war bereits Träger des Goldenen Parteiabzeichens, als er 1936 zum Rektor der Hans-Schemm-Hochschule bestellt wurde. Diese Funktion übte er bis zur Auflösung der Hochschulen für Lehrerbildung 1942 aus. Zudem erhielt er eine außerordentliche Professur an der Universität München, die er bis 1945 innehatte.
Nach dreijähriger Kriegsgefangenschaft und einer längeren Entnazifizierungsprozedur, bei der er in einem Wiederaufnahmeverfahren als „Minderbelasteter“ eingestuft wurde, kehrte Richard Suchenwirth ins bürgerliche Leben zurück. Er lehrte an einer Privatschule in Düsseldorf und war freier Mitarbeiter der Historical Division des US War Departments zur Erforschung der Geschichte des Luftkriegs. Er starb nach langer Krankheit am 15.6.1965.
1945
Nach dem Krieg wurde das unversehrte Gebäude der Lehrerbildungsanstalt von den Vereinten Nationen beschlagnahmt. Diese hatten eine bereits 1943 auf Initiative der USA, der Sowjetunion, Großbritanniens und Chinas von 44 Nationen gegründete Hilfsorganisation für Displaced Persons übernommen.
Die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) kümmerte sich um die Versorgung und systematische Rückführung von Displaced Persons. Allein auf dem Gebiet der späteren drei westlichen Besatzungszonen lebten ca. 6,5 bis 7 Millionen heimatlose Menschen, die aus den Mitgliedsstaaten der UNO stammten. Dabei handelte es sich vor allem um ehemalige Häftlinge der Konzentrationslager und Zwangsarbeiter:innen, aber auch um Menschen, die ihre Heimat „freiwillig“ mit der sich zurückziehenden deutschen Wehrmacht verlassen hatten, weil ihnen in ihrem Land harte Strafen oder Racheakte wegen Kollaboration drohten. UNRRA erfasste und betreute die Gestrandeten in Lagern und bemühte sich, wo es möglich war, um Repatriierung.
In München traf im Juli 1945 das erste UNRRA-Team ein. Ab November dienten dann die Gebäude der ehemaligen Übungsschule (heutiges Karlsgymnasium) und der Lehrerbildungsanstalt in Pasing als UNRRA-Hauptquartier für die amerikanische Besatzungszone. Konkret unterstützte UNRRA die Militäradministration durch die Betreuung der DP-Lager. Das umfasste die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Kraftstoff und Medikamenten aus den Beständen der Besatzungsbehörden, aber auch die statistische Erfassung, die Seuchenprävention und Gesundheitsprogramme. Für jedes Lager war ein UNRRA-Team zuständig, das der örtlichen Militärkommandantur unterstellt war, allein in München gab es drei Lagerstandorte. Die Zentrale in Pasing wurde von John H. Whiting geleitet, der zuvor vier Jahre als Funktionär des Roten Kreuzes tätig gewesen war.
Die Belegung der beiden Gebäude stellte Pasing bei der Aufrechterhaltung des Schulbetriebs vor große Herausforderungen. Eine Aktennotiz an den Städtischen Oberschulrat Dr. Mahir vom 5. Mai 1948 beschreibt eindringlich die schwierige Situation:
„Schulnotstand:Die chaotischen Schulverhältnisse in Pasing stellen für die Stadt, die die Trägerin des sächlichen Schulbedarfs ist, eine einzigartige vielseitige Belastung dar:
1. Durch die Besatzungsmacht, die die beiden Schulhäuser an der Bismarckstrasse mit der grössten Kapazität beschlagnahmt hat. Lehrerbildungsanstalt und Volksschule sind ohne Schulhaus. In dem Volksschulgebäude waren 20 Lehrsäle von Volksschulklassen belegt.
2. Durch den Staat, der gestützt auf die Formationsverordnung von 1909 und die Vereinbarung vom Jahre 1936 die Stadtgemeinde allein die ganze Schulraumnot tragen lässt. Es ist kein Ausdruck von Radikalismus und mangelndem pädagogischen Verständnis, wenn man die Frage stellt, warum die Lehrerbildungsanstalt, die in Pasing kein Schulhaus hat, in Pasing sein muss. Sie fristet dort ihr Dasein unter den unwürdigsten Verhältnissen und nimmt den ortsgebundenen Schulen unentbehrlichen Schulraum an der Schule Engelbertstrasse.“
Auch das Deutsche Museum diente als Durchgangslager für Displaced Persons. Hier eröffnete die UNRRA eine eigene Universität, die im Februar 1946 den offiziellen Lehrbetrieb aufnahm. Bis zu 2.000 Student:innen aus 30 Nationen wurden im Sommer 1946 in Museums- und Bibliotheksräumen sowie im Kongresssaal von etwa 150 Professoren und Dozenten vorwiegend in englischer Sprache unterrichtet. Zusätzlich wurde ein Abiturkurs für die Displaced Persons angeboten, die aufgrund des Krieges keinen Schulabschluss erlangt hatten. Bereits am 31. Mai 1947 wurde der Lehrbetrieb aber endgültig eingestellt, die Studierenden verteilte man auf bayerische Universitäten. Hintergrund war die drastische Reduzierung des UNRRA-Personals ab Ende 1946; nachdem das Ziel der Repatriierung aller DPs bis 1947 nicht vollständig erreicht werden konnte, wurde die UNRRA aufgelöst. Ihre Nachfolgerin, die International Refugee Organization (IRO, wiederum Vorläuferin des heutigen UNHCR) führte die Universität nicht weiter.
Währenddessen wartete man ungeduldig darauf, den Lehrbetrieb in der ehemaligen Lehrerbildungsanstalt wieder aufnehmen zu können. Zuerst wurde jedoch im Jahr 1951 die ehemalige Übungsschule geräumt und an die Stadt zurückgegeben. Sie war vor ihrer Übernahme durch UNRRA von Mai bis November von polnischen Soldaten belegt. Ein Augenzeuge berichtet von erheblichen Schäden am Gebäude und den Beständen, die bereits in dieser frühen Phase entstanden:
„Shortly after the occupation of the school building, and in my presence, part of the equipment (forms, tables, and teaching-aids) was thrown out of the windows on the various floors and was reducted to fire-wood, and partly burnt (e.g. teaching-aids) in the courtyard of the school. When the headmaster requested the occupants to save at least files and other documentary evidence, the leader of the occupying unit told him that “in Poland the Germans had acted in the same manner”.
Auch während der UNRRA-Zeit wurde das Gebäude weiter ausgeschlachtet, wie ein weiterer Zeuge aus der Nachbarschaft berichtet:
„It also came to my attention that the panes were taken out of the double windows in order to be made use of in the opposite building at 20, Am Stadtpark.”
Gemäß den Jahresberichten von Dr. Barbara Brückner, die nach dem Krieg als Oberstudiendirektorin die „Lehrerinnenanstalt mit Oberschule in Kurzform“ leitete, war das Gebäude Am Stadtpark 20 bis ins Lehrjahr 1951/1952 besetzt. Man arbeitete in diversen Notunterkünften, eine davon im Deutschen Museum, im Zwei-Schicht-Betrieb, um die Lehrerinnenausbildung aufrecht zu erhalten. Am 1.10.1952 fand der Wiedereinzug in die ehemalige Lehrerbildungsanstalt statt. Auch dort hatten die Jahre der Fremdbelegung deutliche Spuren hinterlassen. Hier ein Auszug aus Dr. Brückners anschaulicher Schilderung der Verhältnisse:
„Was die bisherige Raumnot betrifft, so besteht diese nicht mehr für die Pädagogischen Lehrgänge; denn am 1. Oktober 1952 konnten diese die Notunterkünfte im Deutschen Museum verlassen und in das Gebäude der Lehrerhochschule in Pasing, Stadtpark 20, Einzug halten. Das Haus, 7 Jahre mit Besatzungstruppen und DPs belegt, weist schwere Schäden auf, doch konnten, dank der Sorge des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und der Sorge des Lehrerkollegiums, bald in genügendem Umfang würdige Räume geschaffen werden. Die Raumnot in der Oberschule jedoch, die immer noch ohne eigenes Schulhaus ist, blieb ein sorgenvolles Anliegen. Aus der Notwendigkeit gemeinsamer Benutzung sämtlicher Musikinstrumente und Nähmaschinen ergab sich die Verlegung des Musik- und Handarbeitsunterrichts der Oberschule in das Haus am Stadtpark 20. Später konnten auch einzelne andere Unterrichtsstunden dorthin verlegt werden.“
Trotz aller Widrigkeiten kann sich die Zahl der Absolvent:innen sehen lassen: 1956, dem letzten Abschlussjahr vor der erneuten Verselbständigung der Institute für Lehrerbildung, werden 145 Studierende Lehramt an Volksschulen, 168 Fachkräfte für den Unterricht in Handarbeit und Hauswirtschaft sowie 118 Lehrer:innen für dreiklassige Mittelschulen ins Berufsleben entlassen.
Zum besseren Verständnis der Verhältnisse muss man einen Blick auf die seinerzeitige Organisation von Schulen und Lehrerbildung werfen. Es existierte eine strikte Trennung zwischen der „Volksschule“, die von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung besucht wurde, und den Gymnasien, die einer kleinen Elite vorbehalten waren. Diese Spaltung spiegelte sich in der Ausbildung der Lehrkräfte: Während die angehenden Volksschullehrer:innen nach ihrem Volksschulabschluss lediglich eine weiterführende Schulausbildung absolvierten, wurden die zukünftigen Gymnasiallehrer:innen an den Universitäten ausgebildet.
Diese Zweiteilung des Schul- und Lehrerbildungssystems wurde von der amerikanischen Besatzungsmacht als zutiefst undemokratisch empfunden, weil sie keine gleichen Bildungschancen für alle eröffnete. Außerdem sah man in den sehr autoritär geprägten Strukturen eine der Wurzeln für die Anfälligkeit der Deutschen für eine Diktatur. Deshalb setzten sich die Amerikaner bei der Bayerischen Staatsregierung sehr vehement für eine grundlegende Reform des gesamten Systems ein: „Die Lehrerbildung soll auf einer Ebene stattfinden, die über derjenigen der höheren Bildungsanstalten liegt, und sie soll im Verantwortungsbereich der Pädagogischen Fakultäten liegen“ (10.1.1947).
Als diese Forderung bei der Staatsregierung, die auf einer Ausbildung der Volksschullehrer „in besonderen Bildungsanstalten“ beharrte, auf nachhaltigen passiven Widerstand stieß, erließ die Militärregierung am 10.6.1947 eine Verordnung, die eine generelle universelle Lehrerbildung vorschrieb: „Jede Lehrerbildung soll auf Universitätsebene stattfinden.“ Als auch diese Verordnung mit Verzögerungstaktiken beantwortet wurde, reagierte die Militärregierung schließlich mit der Direktive Nr. 54, die die existierenden Lehrerbildungsanstalten für die Ausbildung von Lehrern für öffentliche Volksschulen, die ohne Abitur zugänglich waren, kurzerhand verbot. Die Staatsregierung wurde aufgefordert, binnen 30 Tagen konkrete Pläne für deren Auflösung vorzulegen.
1972
Die Lehrerbildung wird akademischDie Staatsregierung musste prinzipiell einlenken und sagte die Umstellung der Lehrerbildung auf hochschulmäßige Basis im Lauf der nächsten Jahre zu. Neben dem fehlenden politischen Willen kämpfte man allerdings auch nach wie vor mit den Kriegsfolgen: Der Mangel an Finanzmitteln und geeignetem Personal trug ebenfalls dazu bei, dass es über längere Zeit bei Provisorien und Notlösungen blieb.
Erst die Verselbständigung der zunächst eingerichteten Institute für Lehrerbildung im Jahr 1956 kann als konsequenter Schritt in Richtung Akademisierung der Lehrerbildung gewertet werden. Er machte die notwendige Trennung von Allgemeinbildung (die bislang für Volksschullehrkräfte als ausreichend galt) und Berufsbildung nach außen sichtbar. Das zuvor ebenfalls am Pasinger Stadtpark beheimatete Deutsche Gymnasium zog aus, das Institut für Lehrerbildung blieb. 1958 wurden die Institute für Lehrerbildung dann zu Pädagogischen Hochschulen der Landesuniversitäten. Zugangsvoraussetzung war die allgemeine Hochschulreife, es wurde ein sechssemestriges Studium angeboten und die ordentlich Studierenden an den Universitäten immatrikuliert. Das Eingliederungsgesetz von 1972 vollendete schließlich den Prozess, den die amerikanische Besatzung angestoßen hatte: Die Pädagogischen Hochschulen als selbständige Einrichtungen der Universitäten wurden als Erziehungswissenschaftliche Fachbereiche echte Bestandteile der Universitäten.
Über die Jahre der Pädagogischen Hochschule im Pasinger Gebäude ist nicht allzu viel bekannt – sie sind weitgehend unspektakulär verlaufen. Ständiger Begleiter war allerdings die nach wie vor bestehende Raumnot, denn die vorhandenen Kapazitäten konnten mit den im Zuge und Nachgang der Bildungsoffensive ständig steigenden Studierendenzahlen auch hier nicht mithalten. Die Studierenden machten ihrer Frustration über die ungenügende Ausstattung ihrer Studiengänge mit Räumen und Lehrkräften in den 70er Jahren mit etlichen Protestaktionen Luft.
Ein im Rückblick skurriles Detail ist die Tatsache, dass die Lehrerbildung dort zwar in einem Haus, aber dennoch weitgehend getrennt nach Konfessionen organisiert war. Die katholische Mehrheit hätte beinahe einen außerordentlich prominenten Lehrstuhlinhaber bekommen: Josef Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., sollte dort Professor werden. Dieser lehnte jedoch ab und folgte lieber dem Ruf auf den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie an die Universität Bonn. Ein bekannter Kirchenschreck ist ebenfalls zu verzeichnen – Herbert Achternbusch, das ebenfalls verstorbene und wiederholt der Blasphemie beschuldigte enfant terrible der oberbayerischen Kulturszene, studierte Anfang der 1960er Jahre an der Pädagogischen Hochschule.
Der Eingliederungsbeschluss wurde von den Mitgliedern der Pädagogischen Hochschule mit gemischten Gefühlen aufgenommen: Einerseits brachte er einen weiteren Statusgewinn und bessere Perspektiven für die Lehrerbildung mit sich, andererseits bedauerte man, ein gutes Stück Unabhängigkeit zu verlieren. Ein Auszug aus dem Gebäude war mit der Neuordnung zunächst nicht verbunden, da die Universität über kein geeignetes Quartier im Stadtzentrum verfügte. Die Planungen für einen Neubau für die Erziehungswissenschaftliche Fakultät in der Leopoldstraße steckten noch ganz in den Anfängen.
Gleichzeitig kämpfte die neu gegründete Fachhochschule München mit bedrückender Raumnot. Der Jahresbericht 1977 stellt fest, dass die im Bayerischen Hochschulgesamtplan festgelegten 7.000 Studienplätze einer Hauptnutzungsfläche von 69.000 m² entsprechen würden, de facto waren es aber nur 29.000 m². Damit betrug die durchschnittliche Belegungsquote 220%. Im Jahr 1978 kommentiert der damalige Fachhochschulpräsident Dr. Walther Keßler die Situation folgendermaßen:
„Die Fachhochulen haben seit ihrer Gründung unter dem Motto gearbeitet: ‚Wer ein Warum zu leben hat, erträgt auch das Wie‘ (Nietzsche). Umso mehr haben sie jetzt einen Anspruch auf die Erfüllung ihrer berechtigten Forderungen.“
Zwar legte der Hochschulgesamtplan von 1977 erstmals fest, dass die Ausbildungsrichtungen Sozialwesen und Wirtschaft in den Gebäuden des erziehungswissenschaftlichen Fachbereichs der Universität München untergebracht werden sollten, doch bis es für die letzteren soweit war, sollten noch über 15 Jahre ins Land ziehen.
Zwar konnte der Fachbereich für Betriebswirtschaft zu Beginn des Wintersemester 1981/82 eigene Räume im neu errichteten Gebäude Schachenmeierstraße 35 beziehen, doch diese reichten bei weitem nicht aus. Jedes Jahr steigende Erstsemesterzahlen erzwangen immer neue Provisorien, da mittlerweile feststand, dass mit dem notwendigen Umbau des Pasinger Gebäudes erst Ende des Jahrzehnts begonnen werden konnte. Prof. Christoph Ott erinnert sich in der Festschrift für den scheidenden Hochschulpräsidenten Prof. Walther Keßler:
„Neben den Räumen in der Luisen- und Lothstraße mußten auch solche in der Dachauer Straße (Elektrotechnik), in der ehemaligen Staatsbauschule und beim Einzelhandelsverband für Vorlesungs- und Seminarzwecke genutzt werden, so daß es für Studierende und Professoren zeitweise zwischen fünf Standorten zu pendeln galt.“
Die unzumutbaren Bedingungen führten sogar dazu, dass einige Lehrbeauftragte ihre Tätigkeit im Fachbereich einstellten. Und der Fachbereichsbericht des Studienjahrs 88/89 vermerkt:
„Zum Sommersemester hatte der Fachbereich die bisher größte Anzahl von Prüfungen seit seinem Bestehen durchzuführen. Aus Kapazitätsgründen mußten große Räume, wie z.B. der Löwenbräukeller, für die Durchführung von Prüfungen angemietet werden.“
1994
Nachdem die Pädagogische Hochschule auch räumlich in der LMU München aufgegangen war, musste erneut gebaut und erweitert werden, um Platz für die Fakultäten für Sozialwissenschaft und Betriebswirtschaft zu schaffen. Prof. Christoph Ott erinnert sich in der Festschrift für Walther Keßler an die Pläne und Bedenken:
„Die langfristige Zielsetzung von Präsident und Fachbereich war es jedoch, alle Betriebswirte unter einem Dach zu vereinen, was dann bereits 1978 in der Hochschulentwicklungsplanung des Freistaats Bayern seinen Niederschlag fand. Danach sollte Betriebswirtschaft in den Räumen der Pädagogischen Hochschule Pasing, nach deren Integration in die LMU, untergebracht werden. Obwohl gegen diesen stadtzentrumsfernen Standort von vornherein erhebliche Bedenken aus der Studenten- und Professorenschaft vorgebracht wurden, nahm der Fachbereich zu Beginn des WS 1994/1995 die Lehrtätigkeit in Pasing auf, nachdem sich die Fertigstellung der erforderlichen Umbaumaßnahmen immer wieder verzögert hatte. Damit hat es exakt 18 Jahre gedauert, nämlich die gesamte Amtszeit von Präsident Keßler, bis der FB Betriebswirtschaft unter einem Dach vereint werden konnte.Außenstehende können sich nicht vorstellen, welch intensiver Bemühungen, Ortsbegehungen, Verhandlungen und Gespräche, auch sehr kontroverser Art, es bedurfte, um diese nun endgültige Lösung zu errichten.“
Wie viele Konflikte ausgefochten und Kompromisse geschlossen werden mussten, lässt eine Erinnerung der Bibliotheksleiterin Gertrud Fichtbauer aufleuchten:
„Bei der Raumverteilung in Pasing hatten sich die zwei Fachbereiche den Kuchen geteilt und für die Bibliothek nur eine kleine Schnitte , 400m², übrig gelassen. Diese Fläche besaßen die Teilbibliotheken Sozialwesen in Bogenhausen und Aubing bereits damals, undenkbar für die Zukunft, in der auch die Betriebswirte dort versorgt werden sollten. Dank Ihrer [gemeint ist Walther Keßler] Unterstützung wurde eine Lösung gefunden: der Umbau der Turnhalle, der 1500 m² für die Bibliothek brachte.“
Recherche und Text
Dr. Claudia Streit
Danksagung
Wir bedanken uns herzlich bei Thomas Hasselwander (Pasinger Archiv e.V.) und Dipl.-Ing. Werner Wasner (Bibliothek Lothstraße der Hochschule München) für ihre engagierte Unterstützung.
Bildquellen
- 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11,12, 21, 22, 23, 24, 25: Pasinger Archiv e.V.
- 14, 19, 20: Privatfoto
- 17: Sammlung Karl Vogel
- 13: Bundesarchiv
- 15: Antiquarisch erworbene Postkarte
- 16, 18: Stadtarchiv München, DE-1992-FS-PK-STB-13451, DE-1992-FS-STB-7615
- 28, 29: SZ Photo
- 26, 27: Archiv der Vereinten Nationen
- 30: Pressestelle der Hochschule München